Kieferanalysen zeigen was Höhlen-bären und Braunbären fraßen
Die Unterschiede liegen im Detail: Spezielle 3D-Formanalysen der Kiefer und Gebisse von Höhlenbären und zeitgleich lebenden Braunbären aus der Fossilfundstelle in den Höhlen von Goyet in Belgien zeigen deren deutlich unterschiedliches Nahrungsspektrum. Der Speiseplan der vor rund 30.000 Jahren lebenden Braunbären unterscheidet sich dagegen nur leicht von dem ihrer heute noch lebenden Artgenossen aus Nordamerika.
Der heute lebende Braunbär Ursus arctos ist der nächste lebende Verwandte des vor rund rund 25.000 Jahren ausgestorbenen Höhlenbären Ursus spelaeus. Vor 1,3 Millionen bis 25.000 Jah-ren lebten Braunbären und Höhlenbären nebeneinander in denselben Gebieten und konkurrier-ten wahrscheinlich um pflanzliche Nahrung, so auch im belgischen Namur-Gebiet. In den Höhlen von Goyet und Trou des Nutons finden sich die rund 30.000 Jahre alten Überreste beider Bärenarten.
Anneke van Heteren der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM) und Mietje Germonpré vom Royal Belgian Institute of Natural Sci-ences (RBINS) zeigten in ihrer neuen Studie, dass sich die beiden Zeitgenossen unterschiedlich ernährten. So war der Höhlenbär ein reiner Veganer, wohingegen der Braunbär schon damals ein Allesfresser war - und es bis heute ist. Form und Biomechanik der Kiefer der beiden Bären-arten unterscheiden sich deutlich voneinander. Aber die Forscher:innen konnten auch kleine Unterschiede der Kiefer der fossilen Braunbären im Vergleich zu ihren heute noch lebenden Artgenossen feststellen. „Vermutlich haben die fossilen Braunbären aus Belgien etwas mehr pflanzliche Nahrung zu sich genommen, als die heutigen Braunbären aus Nordamerika,“ interpretiert Anneke van Heteren, Erstautorin der Veröffentlichung, die Ergebnisse.
Die Forscher:innen analysierten im Rahmen ihrer Arbeit auch Jungtiere der Höhlenbären aus Belgien. Deren Kiefer waren wahrscheinlich weniger gut geeignet, um feste Nahrung zu kauen, als die ihrer erwachsenen Artgenossen. „Vermutlich wurden die jungen Bären noch zusätzlich von der Mutter mit Milch versorgt. Ihre Kiefer mussten sich erst an die spätere Entwicklung ihres bleibenden Gebisses anpassen“, so Anneke van Heteren weiter.
Die biomechanischen Unterschiede in den Kiefern zeigen sich insbesondere in deren Öffnungswinkeln beim Kauen ihrer Nahrung. Die Forscherinnen aus München und Belgien nutzten für ihre Studien die sogenannte geometrische Morphometrie. Das ist die Vermessung von Skeletteilen mit Hilfe digitaler Messpunkte, sogenannter Landmarks. Die Methode erlaubte es den Forscherinnen, die Kieferknochen der Bären dreidimensional zu visualisieren und über statistische Verfahren zu vergleichen.
Die Vergleichsstudie ist veröffentlicht in der Fachzeitschrift Boreas.