Suspended Matter and Seabed Monitoring and Modelling (SUMO)
Sedimenttransport
Der Meeresboden ist mit Sand und Schlick (Sedimenten) bedeckt. Man unterscheidet zwischen nicht-kohäsiven (nicht aneinander haftenden) und kohäsiven Sedimenten (die Körner haften aneinander). Zu den nicht kohäsiven Sedimenten zählen zum einen feiner bis grober Sand mit Korngrößen von 63 µm (0,063 mm) bis 2 mm, und zum anderen Kies mit Korngrößen über 2 mm. Diese Sedimente werden durch Strömungen und Wellen bewegt. Sandkörner und Kies werden auf dem Meeresboden transportiert, über den sie rollen. Kohäsive Sedimente sind feinere Substanzen wie Schlick und Tonpartikel mit einer Korngröße von weniger als 63 µm. Die feinsten Schlickkörner werden von den stärksten Strömungen aufgewirbelt und bewegen sich in allen Tiefen. Sobald die Reibung des Wassers mit dem Meeresboden (Saugspannung) unter ein bestimmtes Niveau fällt, werden die Schwebstoffe wieder auf dem Meeresboden abgelagert. Außerdem können diese kleinen Partikel aneinander haften und so viel größere Klumpen bilden. Je nach Strömungen, Menge an biologischem Material im Wasser und Turbulenzen können sich diese Klumpen weiter vergrößern oder im Gegenteil zerfallen.
Sand und Schlick werden durch Strömungen und Wellen transportiert. Dieser Sedimenttransport wird eingehend untersucht, insbesondere um die Verklappung von Baggergut besser steuern zu können.
Messungen
Die Messungen auf See sind ein erster wichtiger Teil der Studien zum Sedimenttransport. Zu diesem Zweck stehen uns verschiedene Messinstrumente zur Verfügung.
Strömungen im Wasser, die die Hauptursache für den Sedimenttransport darstellen, können mithilfe eines „Acoustic Current Doppler Profiler“ (ADCP) gemessen werden. Dieses Instrument wird an Bord des wissenschaftlichen Forschungsschiffs RV Belgica installiert oder auf dem Meeresboden abgelegt und erstellt ein vollständiges Profil der Strömungen in der Wassersäule an einem bestimmten Ort.
Die Menge an feinen Schwebstoffen im Wasser und der Sedimenttransport in Bodennähe werden mithilfe eines „Tripods“ gemessen. Dabei handelt es sich um eine große Eisenstruktur, die ebenfalls auf den Meeresboden abgesenkt wird. Daran können verschiedene Instrumente befestigt werden, um über einen längeren Zeitraum hinweg unterschiedliche Parameter zu messen. Eine CTD-Sonde misst den Salzgehalt und die Wassertemperatur. In verschiedenen Tiefen über dem Meeresboden wird mithilfe von „Optical Back Scatters“ die Trübung des Wassers gemessen. Um genau zu wissen, wie viel Material im Wasser schwebt, werden auch an Bord der Belgica mithilfe von Niskin-Flaschen Proben entnommen. Diese Meerwasserproben werden anschließend gefiltert, um die genaue Konzentration von Sedimenten im Wasser zu bestimmen und den Zusammenhang zwischen den im Wasser vorhandenen Materialien und der gemessenen Wassertrübung herstellen zu können. An Land werden die Proben weiteren Analysen unterzogen, um die Verteilung der Körner unterschiedlicher Größe und die Menge des vorhandenen organischen Materials zu bestimmen.
Zudem werden auf dem Tripod ein elektromagnetisches Strömungsmessgerät, das die Strömungen an einer bestimmten Stelle mit hoher Auflösung messen kann, sowie ein kleiner ADCP, der ein Strömungsprofil sehr nah am Meeresboden erstellen kann, befestigt. Schließlich kann am Tripod ein „Laser In-Situ Scattering and Transmissionmeter“ (LISST) montiert werden: Mithilfe dieses Sensors können die Sedimentpartikel und die Größenentwicklung von Schlickklumpen im Wasser geschätzt werden. Anhand dessen kann übrigens auch die Geschwindigkeit berechnet werden, mit der die Klumpen auf den Grund sinken.
Nicht nur die Strömungen und die Menge an Sedimenten im Wasser sind interessant, sondern auch, welche Arten von Sedimenten sich auf dem Meeresboden befinden. Daher werden mit einem „Bodengreifer nach Van Veen“, einem Instrument für die Entnahme von Bodenproben am Meeresboden, Proben genommen. Die Bodenproben werden dann in einem Labor an Land untersucht.
Zudem kommen für die Analyse der Sedimente auf dem Meeresboden in den belgischen Hoheitsgewässern in Zusammenarbeit mit dem REMSEM-Team Satellitenbilder zum Einsatz.
Digitale Modelle
Neben den Messungen entwickelt die OD Natürliche Umwelt verschiedene Computermodelle, die versuchen, das Verhalten des Meeres zu beschreiben. Diese Modelle werden dann für Prognosen und die Bewertung der Auswirkungen spezieller Parameter oder von Managementmaßnahmen verwendet. Derzeit gibt es zwei Modelle, die sich mit dem Transport von Sedimenten befassen: eines für den Transport von Sand, das andere für den Transport von Schlick.
Das Schlicktransportmodell (mu-STM) ist ein Modell, das die Bewegungen von feinen kohäsiven Substanzen definiert. Mit diesem sogenannten Advektions-Diffusions-Modell werden die Bewegung (Advektion) und die Verteilung (Diffusion) des Schlicks beschrieben. Es handelt sich um ein Modell nach Lagrange, was bedeutet, dass eine bestimmte Menge an Material über das gesamte Raster des Modells hinweg beobachtet wird. Im Gegensatz dazu wird bei einem Modell nach Euler die Materialmenge an jedem Punkt des Modellgitters bestimmt. Dabei werden natürlich auch die Erosion und das Material, das sich wieder auf dem Grund ablagert, berücksichtigt.
Das mu-STM-Modell wird in erster Linie dazu verwendet, das Verhalten von Baggerschlamm zu modellieren, der dem Meer wieder zugeführt wird. Das Modell wurde speziell für diesen Zweck konzipiert. Die vom Modell gelieferten Ergebnisse werden überprüft und mit Messungen verglichen, die anhand von Experimenten im Meer durchgeführt werden. So konnten Gebiete ausfindig gemacht werden, in denen der Baggerschlamm die Tendenz hatte, an Ort und Stelle zu bleiben, oder in denen der Schlamm nicht in das Gebiet zurückgetragen wurde, in dem die Ausbaggerung stattgefunden hatte.
Des Weiteren wird das Modell für die Erstellung einer „Schlickbilanz“ im gesamten belgischen Teil der Nordsee verwendet. Damit wird untersucht, wie viel Schlick in die belgischen Küstengewässer eindringt und wie viel Schlick sie verlässt. Die Konzentrationen am Rand des Modells werden mithilfe von Satellitenbildern ermittelt. Anhand des Modells konnte gezeigt werden, dass es eine große Schlickbewegung gibt, die aus dem Ärmelkanal kommt und die belgischen Küstengewässer in nördlicher Richtung durchquert. Die maximale Trübung (maximale Materialmenge im Wasser) ergibt sich durch eine Art Verdichtung dieser Substanzen sowie eine geringere Tiefe an der Scheldemündung.
Anhand desselben Modells konnte auch die Entwicklung einer neuen „Sandbank“ bei Heist, östlich der Hafenmole von Seebrügge, modelliert werden.
Mit dem Sandtransportmodell (mu-SEDIM) können die Bewegungen von Sand modelliert werden. Das Modell berechnet für jeden Gitterpunkt den Sedimenttransport und seine Richtung entsprechend den örtlichen Strömungen und Wellen. Erosion und Sedimentation werden derzeit durch die „Divergenz“ der verschiedenen Bewegungen innerhalb eines Gitterquadrats bestimmt, d. h. für jedes Quadrat wird berechnet, wie viel Sand hineinkommt und wie viel Sand das Quadrat verlässt. Wenn mehr Material hinein- als herauskommt, bedeutet das, dass Sedimente abgelagert werden; im umgekehrten Fall handelt es sich um Erosion. So lassen sich am Meeresboden stattfindende Veränderungen berechnen.
Dieses Sandtransportmodell wird hauptsächlich verwendet, um die Bewegungen auf Sandbänken zu modellieren, z. B. bei der Errichtung eines Offshore-Windparks. Es wird auch verwendet, um die Auswirkungen des großflächigen Sandabbaus an Sandbänken im Meer zu modellieren. Das Modell scheint zu beweisen, dass die Entnahme von Sand aus den Sandbänken die Stabilität der Sandbänke nicht gefährdet. Zudem schlägt es auch einen Mechanismus zur „Regenerierung“ der Sandbänke vor.
Sonstige Forschung
- Entwicklung eines Modells, das sowohl den Transport von Sand als auch von Schlick modellieren und die Wechselwirkungen zwischen diesen beiden Materialien berücksichtigen kann.
- Entwicklung eines geeigneten Modells, mit dem die Größe der im Wasser befindlichen Schlickklumpen und die Geschwindigkeit, mit der sie auf den Grund sinken, modelliert werden können.
- Nutzung von Satellitenbildern, um die Informationen über die Präsenz von Schlick im Wasser zu verbessern.
- Entwicklung eines Instruments für das operative Management, das auf den Sedimenttransportmodellen basiert und für operative Prognosen des Sand- und Schlicktransports eingesetzt werden kann. Dieses Managementinstrument kann dann z. B. dazu verwendet werden, unter Berücksichtigung der vorherrschenden Wetterbedingungen und anderer Parameter die am besten geeigneten Abwurfstellen für Baggergut zu bestimmen.